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KI macht viele kreative Prozesse einfach, schnell und billig. Vielleicht sollte ich „vermeintlich“ ergänzen; denn wie viele Technologien und Anwendungen hat auch KI-Kreativität zwei Seiten. Für einen Menschen, der sich seit vielen Jahren mit Markenentwicklung befasst, tat sich mit der Einführung von ChatGPT und Konsorten ein wahres Wunderland auf. Vom Markennamen über Logo und Anzeigenmotiv bis hin zum Werbespot und Werbesong, alles das liefert die KI umgehend und quasi umsonst.
Geld für Grafiker, Texter, Komponisten und sogar für Models könnte man sich vielleicht sparen, wenngleich eine Reihe von Rechtefragen noch nicht geklärt sind und spannende Diskussionen ausgelöst haben.
Auch wenn man heute noch KI-generierte Bilder und Texteoftmals als solche erkennt, wird sich dies bald ändern (abgesehen von mehrVorgaben zur Kennzeichnung KI-generierter Inhalte). Warum soll jemand 3.000 € bis hin zu 300.000 € für eine Logo-Entwicklung ausgeben, wenn man das auch für 20 $ haben kann – inklusive fast beliebig vieler Korrekturschleifen.
Es gibt Gründe, aber die liegen nicht im ausführenden Akt der Kreation. Wenn ich genau weiß, was ich will, wenn ich als Marke ein klares Positionierungsprofil habe, dann kann mir die KI Anregungen, Impulse und manchmal auch Lösungen liefern. Kritiker sagen, dass beispielsweise solche Logos und Namen rechtlich nicht geprüft sind. Das ist richtig, aber eine solche Prüfung muss ja in jedem Fall erfolgen, egal ob die Vorschläge einer KI, einem Brainstorming oder einem einzigen Einfall entspringen.
Darüber sind viele Bücher geschrieben worden und ich möchte mir nicht die Definition zu eigen machen, die mir mal eine ältere Agenturbuchhalterin präsentierte: „Kreativ ist alles, wofür man in die Künstlersozialkasse einzahlen muss.“ ChatGPT antwortet auf die Frage, was Kreativität ausmacht, u.a. wie folgt:
Kreativität zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, neueund originelle Ideen zu entwickeln und diese auf innovative Weise umzusetzen. Sie umfasst mehrere wesentliche Merkmale.
Dann nennt diese KI sieben – näher erläuterte – Punkte:
1) Originalität, 2) Flexibilität, 3) AssoziativesDenken, 4) Neugier und Offenheit, 5) Problemlösungsfähigkeit,6) Risikobereitschaft und 7) Imagination.
Das kann ich unterschreiben, wobei ich die Punkte 3) und 7) für übergeordnet wichtig halte. Zum herausragenden „assoziativen Denken“ gehört das, für das man vielleicht ein neues Wort braucht, weil das alte in den letzten Jahren beschädigt wurde. Es geht ums „Querdenken“, d.h. die Fähigkeit, scheinbar unzusammenhängende Ideen unter einem gemeinsamen strategischen Zielmiteinander zu verknüpfen.
Bei diesem Querdenken tut sich die KI noch etwas schwer, wenngleich es Ansätze dafür gibt. Die Hauptarbeit von Branding- und Werbeagenturen wird künftig in der Strategieentwicklung liegen, sofern das nicht ohnehin ihre zentrale Kompetenz ausmacht. Dazu gehört die Basisidee einer Marke wie auch die einer Kampagne. Wenn ich diese Entwicklungsaufgaben an KI delegiere, verliere ich leicht an Authentizität und Glaubwürdigkeit. Dann passiert das, was die größte Gefahr einer Marke darstellt: sie wird austauschbar.
Ausführende Tätigkeiten im Kreativitätsprozess werden zweifellos unter dem Einsatz von KI leiden. Reinzeichnende Mediengestalter, Gebrauchstexter und Katalogmodels werden weniger zu tun haben. Gute Strategen hingegen können besser werden, u.a. weil sie mit KI zeitnah mehr ausprobieren können und zuweilen auch selbst neue Ideen durch KI-generierte Anregungen entwickeln können.
Inzwischen bieten reihenweise Online-Agenturen vermeintlich kreativen Output zu Spottpreisen an, wie 10 Logos für 300 € oder 50 Namen für500 € etc. Wer so etwas zu nutzen erwägt, braucht keine Agentur, der kann auch – noch günstiger – selbst ChatGPT oder Copilot prompten. Ob das dann den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg bringt, sei dahingestellt.
Im eigenen Business, dem verbalen Branding und der Markennamenentwicklung, profitieren unsere Kunden und wir vom Einsatz der KI: wenn wir zum Beispiel das ein oder andere Brainstorming durch gut gepromptete KI-Beiträge ersetzen. Auch Kreativ-Workshops sind mit KI-Unterstützung zuweilen zielführender; richtig eingesetzt beflügelt sie die menschliche Kreativität.
Ob das Endergebnis letztendlich aus einem KI-Prozess oder humanoider Intelligenz entspringt, spielt keine Rolle. Wenn Ersteres der Fall ist, liegt das weniger am KI-Programm als an dem richtigen Prompting und das Zweitere kann umgekehrt durchaus durch KI-Output inspiriert worden sein.